Finaler Kampf ohne Schlachtenlärm: Der Chor der Bad Homburger Humboldtschule taucht mit seinem Musiktheaterstück "untergraben" noch bis Freitag, 8. März, in die Welt der Insekten ein. (Bild: Renate Hoyer) Zum Artikel der Taunus Zeitung vom 06.03.2002

Wenn Herr Hummel "Bild der Ameise" liest

Chor der Humboldtschule bietet mit seiner neuen Produktion "untergraben" fesselndes Musiktheater. Von Stefanie Rüggeberg

Mit dem Musiktheater "untergraben" feierte der Chor der Bad Homburger Humboldtschule am Montag Premiere. Idee, Drehbuch und Kostüme des Stücks haben die Schüler selbst entwickelt.
BAD HOMBURG. Ein Inselparadies in der Mitte eines Flusses: Schmetterlinge, Hummeln, Erdwespen, Ameisen und ein paar schrullige Käfer und Hüpfer leben friedlich zusammen und genießen das Leben. Doch ganz in ihrer Nähe hecken böswillige Hornissen einen heimtückischen Plan aus: Sie wollen die Inselbewohner unterwerfen und die Macht an sich reißen.
Schon die Geschichte des Musiktheaterstücks "untergraben", die der Chor der Klassen 8 bis 13 der Humboldtschule in Bad Homburg in knapp anderthalb Jahren Arbeit auf die Bühne gestellt hat, verspricht Spannung. Denn brisante Themen wie echte Freundschaft, Unterdrückung, Mut und Solidarität werden hier auf die Welt der Insekten übertragen und halten dem Menschen einen Spiegel vor.
Dass dieses Bild bei der Premiere bestehen konnte, liegt vor allem an dem kreativen Potenzial, das die Schüler in das Stück gesteckt haben. Nicht nur das originelle Drehbuch stammt aus ihrer Feder, auch die teilweise aufwändigen Kostüme haben sie selbst geschneidert. Die Mühe hat sich gelohnt: Wenn die Hornissen mit dickem Stachel und in aggressives Rot gehüllt über die Bühne marschieren und die schwarz-gelb getigerten Wespen aufgeregt summen, wirkt das Reich der Insekten lebensnah.
Ansonsten lebt die Inszenierung ganz von ihren Hauptdarstellern: Vor allem Michael Lenhart als neunmalkluge Heuschrecke "Schrick" und Anna Böckers in der Rolle des ungelenken, aber liebenswerten Kartoffelkäfers "Kakä" agieren souverän.
Weniger überzeugend ist allerdings die musikalische Umsetzung von "untergraben". Die Musik hat der Frankfurter Komponist Hartmut Jentzsch eigens für den Chor geschrieben. Ihr eigenwilliger Charakter, der nach Angaben von Chorleiterin Sabine Schlichte schon bei den Proben eine große Hürde war, erwies sich bei der Premiere immer wieder als Stolperstein für die Sänger. Weil die Stimmen des Chors noch dazu immer wieder von allzu dominanten Klavieren übertönt wurden, wirkte der Gesang streckenweise blass.
Für dieses Defizit entschädigt aber die theatralische Umsetzung reichlich. Denn was die Inszenierung ausmacht, sind vor allem ihre Details: Ein Herr Hummel etwa, der die "Bild der Ameise" und die "Hummel-Rundschau" liest und zum Tod von Frau Mücke feststellt: "Naja, sie war ja auch schon eine Woche alt."
Auch für den finalen Kampf zwischen Hornissen und Inselbewohnern haben sich die Schüler eine bemerkenswerte Lösung ohne Schlachtenlärm einfallen lassen. Mucksmäuschenstill ist es auf der Bühne, während die Zuschauer gespannt verfolgen, wie im Zeitlupentempo die Fäuste fliegen. So einfach kann fesselndes Theater sein.